Die Controlling Abteilung – Freund oder Feind der Pricing Manager?
In vielen Unternehmen ist es nicht ganz klar, wer letztendlich die Entscheidung über den Preis trifft und wer dabei in welchem Umfang in die Entscheidung einbezogen werden muss.
Dass mehrere Abteilungen zusammen arbeiten müssen, wenn eine optimale Preisgestaltung sichergestellt werden soll, liegt jedoch auf der Hand. Die absatzorientierten Abteilungen wie Marketing und Vertrieb liefern dabei die Einschätzungen zu kunden- und wettbewerbsnahen Fragestellungen. Die Kostendaten müssen von der Finanz- bzw. der Controlling-Abteilung beigesteuert werden. Unabhängig davon, wo die letztendliche Entscheidungskompetenz im Unternehmen angesiedelt ist hat die Art der Zusammenarbeit der genannten Funktionsbereiche entscheidenden Einfluss auf die Qualität der Preisentscheidungen.
Auch wenn das Pricing als eines der vier Elemente des Marketing-Mix in vielen Unternehmen organisatorisch in marktnahen Bereichen angesiedelt ist oder zumindest durch diese getrieben wird, kommt dem Finanzbereich dabei also eine wichtige Rolle zu. Zwar haben Kostenkalkulationen nicht die Aufgabe, den Preis zu ermitteln, jedoch sind sie unerlässlich um Preisspielräume zu ermitteln. Es ist somit für die Preisverantwortlichen unbedingt erforderlich, sich über die gesamte Kostensituation des Unternehmens zu informieren. Verschiedene Kalkulationsarten können dazu einen Beitrag liefern:
Deckungsbeitragsrechnung: Langfristig ist es erstrebenswert möglichst hohe Deckungsbeiträge zu erwirtschaften und die Preissetzung danach auszurichten. Kurzfristig lassen sich über die Deckungsbeitragsrechnung Preisuntergrenzen bestimmen.
Vollkostenrechnung: Jedes Produkt muss nicht nur seine Einzelkosten erwirtschaften sondern auch einen Beitrag zur Deckung der Gemeinkosten leisten. Dieser Zusammenhang wird durch die Vollkostenrechnung dargestellt. Somit liefert sie insbesondere für die längerfristige Planung entscheidende Daten.
Break-Even-Analyse: Mit ihrer Hilfe wird berechnet, bei welcher Absatzmenge Kostendeckung erreicht ist. Zwar lassen sich durch die Break-Even-Analyse keine gewinnoptimalen Preise ermitteln, jedoch ist sie ein wichtiges Kontrollinstrument um Managern aufzuzeigen, welche Kombinationen von Preis und Absatzmenge zur Erreichung des Break-Even-Punktes möglich und sinnvoll sind.
Erfahrungskurvenanalyse: Die Erfahrungs-/ Lernkurve besagt, dass mit jeder Verdopplung der kumulierten Ausbringungsmenge die Wertschöpfungskosten pro Stück um etwa 20-30% sinken. Für das Pricing können dadurch Prognosen erstellt werden, wie sich bei bestimmten Marktanteilsentwicklungen die Kosten und dadurch auch die Preisspielräume entwickeln könnten.
Target-Costing: Insbesondere in klassischen Käufermärkten in denen die Preisobergrenze durch das Nachfrageverhalten der Kunden limitiert ist, ist die Kostenstruktur von herausragender Bedeutung um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Hier ist es besonders wichtig, die Präferenzen der Kunden genau zu kennen um Kosten für Eigenschaften und Merkmale zu vermeiden, die der Kunde nicht wünscht. Sind die Kundenpräferenzen genau bekannt, kann über das Target-Costing das gewinnoptimale Preis-Nutzen-Verhältnis ermittelt werden.
Wenn gemeinsame abteilungsübergreifende Lösungen für Pricing-Fragen gesucht werden sollen, sind unterschiedliche Herangehensweisen der jeweiligen Unternehmensbereiche der häufigste Auslöser für Konflikte. Während Marketing- und Vertriebsexperten dazu neigen, sich auf wettbewerbliche Überlegungen oder Kundenwünsche zu fokussieren, stellen die Finanzfachleute tendenziell Cost-Plus Betrachtungen und die Deckungsbeitragsperspektive in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen.
In der Praxis werden unterschiedliche Ansätze versucht, um diesen Konflikt zu lösen:
Anwendung des „Vier-Augen-Prinzips“: Jeweils ein Vertreter der Finanzseite und einer der Verkaufsseite erhalten die Aufgabe eine gemeinsame Empfehlung zu entwickeln und diese dann dem Entscheidungsgremium vorzutragen.
Bildung multifunktionaler Teams: Das aus den unterschiedlichen Abteilungen zusammengesetzte Team beginnt mit seiner Arbeit bereits zu einem frühen Zeitpunkt im Preisfindungsprozess. Gute gegenseitige Information und intensive Diskussionen führen zu wohl durchdachten und ausgewogenen Vorschlägen. Allerdings besteht die Gefahr hoher Reibungsverluste und langwieriger Abstimmungsprozesse.
Benennung eines Pricing-Managers bzw. Schaffung einer Pricing-Abteilung: Der Pricing-Manager übernimmt die Aufgabe, alle Informationen aus den unterschiedlichen Unternehmensbereichen zusammenzutragen, abzuwägen und daraus eine Entscheidungsvorlage zu entwickeln. Der Vorteil dieser Lösung ist, dass es auf Preisfragen spezialisierten Kräften einfacher möglich ist, Know-How, Methoden und Prozesse zu entwickeln, die eine professionelle Preisfindung sicherstellen. Idealerweise kennen die Pricing-Manager sowohl die Vermarktungsseite als auch die Finanzseite aus eigener Erfahrung.